3. Die Zeit der Weimarer Republik
Genereller historischer Hintergrund: Nach dem 1. Weltkrieg (1914–18) war das deutsche Kaiserreich beendet und es begann die Weimarer Republik, die durch politische Instabilität, große Not, Arbeitslosigkeit, Inflation und politischen Rechtsdrift geprägt sein sollte. Der „Versailler Vertrag“ (1919) brachte Verluste von großen deutschen Gebieten und den Kolonien, sowie Reparationen in unbestimmter Höhe. 1920-22 wurde die Arbeitslosigkeit immer größer, man litt sehr unter den Bürden des Versailler Vertrags, die innenpolitischen Kämpfe nahmen zu (Unruhen/Aufstände/Umsturzversuche) und der Nationalismus verstärkte sich. 1922/23 hatte die Inflation durch die Vernichtung aller Kapitalien die wirtschaftliche Situation extrem verschlechtert. 1922-24 hatten Reparationszahlungen und Ruhrbesetzung (bis 1925) die Gemüter noch mehr aufgeheizt und weit verbreitete Unruhen mit Ausnahmezuständen ausgelöst. 1929-33 hatten Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit den Rechtsradikalismus so gestärkt, dass die Partei des Nationalsozialismus 1933 die Macht ergreifen konnte.
Internationaler freimaurerischer Hintergrund: Waren vor dem Weltkrieg, durch den bereits aufkommenden Nationalismus im Kaiserreich, die Beziehungen zur internationalen Freimaurerei langsam versandet, so sah sich die deutsche Freimaurerei im Krieg plötzlich allein. Die Beziehungen ins Ausland hatten nicht nur schlagartig aufgehört, es wurden auch gegen die deutsche Freimaurerei Beschuldigungen (Belgien, Schweiz) erhoben. So verhallte nach dem Krieg ein Hilferuf an die Freimaurerei der Welt für das Not leidende deutsche Volk unbeantwortet, wie sich auch nach Jahren noch die Freimaurer einiger Siegerstaaten gegen einen Wiedereintritt der deutschen Freimaurer in die internationale Kette aussprachen; außer auf französischer Seite, wo bereits nach 1920 ein ehrlicher, in breitester Öffentlichkeit betonter Versöhnungswille zu verzeichnen war, der wiederum die deutsche Freimaurerei durch die völkische Hetze gegen das Freimaurertum in Schwierigkeiten brachte.12
Deutscher freimaurerischer Hintergrund: Wie schon immer hatten die gesellschaftlichen Entwicklungen durch ihren Einfluss auf die Brüder auch die Logen und Großlogen geprägt. Aber, außer dass die Brüder sich als Bürger im Profanen zu positionieren hatten, als Freimaurer waren sie insbesondere durch die antifreimaurerische Hetze betroffen. Hatten bereits ab 1880 Völkische Vereine gegen die Freimaurer wie auch gegen die Juden gehetzt, so beschuldigten nach dem 1. Weltkrieg weite Volksschichten die Freimaurerei des Vaterlandsverrats und gaben ihr die Schuld am verlorenem Krieg. Durch eine Unmenge von Hetzschriften unzähliger Autoren – Ludendorff war davon nur einer13 -, die zusätzlich den Antisemitismus ausnutzend die Freimaurer zu Judenknechten, künstlichen Juden, Handlangern Alljudas und Werkzeugen der „Weisen von Zion“ machten, sahen sich die Brüder einer Welt des Hasses gegenüber.
Auch musste man sich Sorgen um den Fortbestand der Logen machen, denn die Inflation hatte 1923 einerseits alle Logengelder vernichtet, andererseits war auch die finanzielle Situation vieler Brüder so, dass die Logenbesuche zurückgingen, weil manche Brüder sich das Glas Bier am Logenabend nicht mehr leisten konnten.
Am 50. Gründungstag des Großlogenbundes war es 1922 zum Austritt der drei christlichen (Berliner) Großlogen gekommen, so dass mit den darin verbleibenden humanitären Großlogen nur noch ca. 20% der deutschen Freimaurerei im Großlogenbund repräsentiert waren.
Obwohl das maurerische Leben während des Krieges fast zum Erliegen gekommen war und danach nur langsam wieder in Gang kam, hatte die Freimaurerei einen ganz erstaunlichen Zulauf erlebt, der 1922 zum Höchststand an Mitgliedern führte, danach aber rapide abnahm und von 1929 an ins Gegenteil umschlug.
Frankfurter freimaurerischer Hintergrund: In Hetze, Inflation14 und Mitgliederentwicklung15 unterschied sich die Frankfurter Freimaurerei in nichts von der deutschen. Es bestanden aber in der Stadt zwei jüdische von sechs eklektischen Logen. Damit herrschten bezüglich der von den Brüdern in Logen und Großloge hineingetragenen Einstellungen gänzlich andere Voraussetzungen als anderenorts. Es gab zwei sich polarisierende Strömungen. In der einen, rein freimaurerisch-humanitären, fanden sich die jüdischen Brüder wohl eingebettet, die andere, völkisch-nationale fand aber stärker werdenden Zuspruch, wie in der Gesellschaft auch. Für die Großloge war deshalb die Entscheidungsfindung für ihre Handlungen – auch wegen der Basisnähe – oft nicht einfach.
1931 hatte die Große Mutterloge des Eklektischen Freimaurerbundes zu Frankfurt a.M., gegründet 1783, 26 Logen und 5 Kränzchen mit insgesamt gegen 3.000 Brüder. In Frankfurt selbst unterhielt sie sechs Logen. Ferner hatten die Große Landesloge eine, die „Drei Weltkugeln“ zwei, die Großloge von Preußen, Bayreuth und Hamburg ebenfalls je eine Loge16 1933 zählte der Eklektische Bund 24 Logen mit 3.500 Mitgliedern und löste sich mit Beginn des 3. Reiches auf.17
Im Zuge der Einigkeits-Euphorie, die Deutschland nach 1871 ergriffen hatte, war von den Freimaurer-Großlogen 1872 der Deutsche Großlogenbund gegründet worden. Es hatte aber nicht lange gedauert, bis sich die zwei Systeme „christlich“ (konservativ-national-völkisch) und „humanitär“ (liberal-international-religionsoffen) entzweit hatten und anfingen, sich zu streiten.
Es wird gesagt, dass dies unterschwellig von allem Anfang an in der „Judenfrage“ begründet war.18 So hatte zu diesem Streit ganz sicher beigetragen, dass von 1901-07 der jüdische Bruder Fritz Auerbach Großmeister des Eklektischen Bundes war, wie wohl auch die Annäherungen des Eklektischen Bundes an den Grand Orient de France und die jährliche Teilnahme an Internationalen Freimaurerkongressen.19
1918 hatte noch einmal ein jüdischer Bruder, Ludwig Rosenmeyer, den Großmeister-Hammer geführt, seine Wiederwahl hatte er aber abgelehnt, denn die Großloge hatte durch den nationalistischen Stimmungsumschwung in einzelnen Logen einige ihrer Bundeslogen verloren.20
In der Folgezeit hatte sich in der Großloge immer wieder die Notwendigkeit gezeigt, ihre eigene Führung zwischen den rein freimaurerisch-humanitären und den völkisch-nationalen Einstellungen in der Bruderschaft und den Bundeslogen zu definieren. So wurde 1925 extra für Altgroßmeister Rosenmeyer die Position eines Ehrengroßmeisters geschaffen, so dass er als Zugeordneter Großmeister gewählt werden konnte, und nicht der für diese Position anstehende Bruder.21
Nach langem Zerwürfnis waren 1922 die drei Berliner Großlogen aus dem Großlogenbund ausgetreten; unter anderem folgendermaßen begründet: „wegen den pazifistischen und kosmopolitischen Anschauungen der humanitären Großlogen und deren Angriffe auf die Haltung der christlichen Großlogen zur Judenfrage“22, und damit die eigene unfreimaurerische Einstellung elegant in eine Anschuldigung umformulierend.
Vom Eklektischen Bund wurde die erstere Begründung zwar erst nachträglich, dafür aber um so vollständiger bestätigt, als es 1927 – im Veröffentlichungsjahr von Ludendorffs Hetzschrift – zur „Frankfurter Begegnung“23 kam, der ersten Annäherung nach dem Krieg zwischen der deutschen und der französischen Freimaurerei. Die Großloge und ihr Großmeister hatten sich danach gröbsten Angriffen von fast allen Seiten zu erwehren, denn die Öffentlichkeit hatte darin den schlimmsten Vaterlandsverrat gesehen, die christlichen Großlogen fast ebenso, die anderen humanitären Großlogen hatten das Treffen nicht unterstützt und sogar vier Logen des Eklektischen Bundes waren strikt dagegen gewesen.
So hatte es dem Zeitgeist entsprechend in den eklektischen Logen vielfach Austritte und wohl auch Logenwechsel von Brüdern gegeben, denen die Ausrichtung ihrer Logen nicht völkisch-national genug war; den amtierenden Großmeister Ludwig Ries hatte dies aber in seiner Überzeugung nie beirrt. 1928 hatte er am 10. Stiftungsfest der internationalistischen und pazifistischen Großloge von Österreich teilgenommen und sich danach in Berlin den schärfsten Anfeindungen der Berliner Großmeister gestellt. Auch der Forderung einiger Logen, dass der Austritt der eklektischen Brüder entweder aus der Universellen Freimaurer Liga (UFL)24 – denn lange schon hatte die Idee der Liga in eklektischen Bruderkreisen Anklang gefunden25 – oder aus der Bundesloge zu erfolgen habe, war nicht stattgegeben worden.
Als Großmeister Ries 1929 sein Amt niedergelegt hatte, führte noch einmal ein Bruder der Morgenröthe, Arnold Lazarus, als (Zugeordneter) Großmeister die Geschäfte der Großloge, zu einer Zeit, als die Hetze des Nationalsozialismus schon bedrohlich war, bevor sie dann – nach der Machtübernahme – in Verfolgung und Gewalt gegenüber der Bruderschaft ausartete.
Der 1930 gewählte, letzte Großmeister Friedrich Ganser brachte den Eklektischen Bund mit den Großlogen von Hamburg und Bayreuth in die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen mit der englischen Großloge26 ein, der erforderliche Beschluss zur Beziehungsaufnahme im Frühjahr 1932 war aber nicht einfach gewesen.27 Letztlich war ihm noch beschieden, mit seiner Großloge auf die hereingebrochene Katastrophe – die nationalsozialistische Machtergreifung im Januar 1933 – zu reagieren. Sie reagierte einzigartig beispielhaft, indem sie nach 150 Jahren im März, auf einstimmigen Beschluss ihres Großbeamtenrates ihre Arbeit einstellte, um den Logen volle Handlungsfreiheit in ihren Beschlüssen über das weitere Verhalten im Naziregime zu geben.
Selbstverständlich hatte es im Eklektischen Bund auch einige Logen gegeben die dem völkisch-nationalen Zeitgeist entsprechend der humanitären Ausrichtung der Großloge immer entgegengewirkt hatten.28 Diese machten dann von der Handlungsfreiheit Gebrauch, indem sie sich einer der altpreußischen Großlogen anschlossen, welche sich in Nationale bzw. Deutsche Christliche Orden29 umbenannt und gehofft hatten, dass sie dadurch als „judenreine Nicht-Freimaurer“ gelten und vom nationalsozialistischen Regime gar als christliche Orden anerkannt würden.
Die meisten eklektischen Logen hatten dagegen ohne Großlogenzugehörigkeit versucht so gut wie möglich weiter zu arbeiten. Nach der Machtübernahme hatte aber der Terror der NSDAP gegen die Freimaurerei immer mehr zugenommen. Die Brüder waren nach Tempelarbeiten vielfach Anpöbeleien auf der Straße ausgesetzt, und während der Arbeiten war immer mit gewaltsamem Eindringen zu rechnen gewesen. Als dann den Beamten die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge untersagt wurde, war den Logen zwar eine große Anzahl von Brüdern nominell verloren gegangen, jedoch hatten die meisten die innerliche Verbindung aufrecht erhalten und viele sogar noch am Logenleben teilgenommen. 1934 wurden dann aber den Logen ohne Großlogenzugehörigkeit ihre Vermögen und Logenhäuser beschlagnahmt und das Inventar konfisziert, so dass eine Weiterarbeit unmöglich war und die Logen einfach ihre Arbeiten einstellten.
Den National/Deutschen Christlichen Orden und ihren Logen war durch die Nationalsozialisten noch ein zusätzliches Jahr Siechtum vergönnt worden.
Zusammenfassung der Zeit der Weimarer Republik
In dieser Zeit hatte sich der Eklektische Bund mit zwei ausgeprägten Strömungen in seiner Bruderschaft auseinandergesetzt, die in den anderen humanitären Großlogen so nicht auftraten und die es in den drei christlichen Großlogen gar nicht gab. Dabei hatte die Strömung der rein freimaurerischen humanitären, kosmopolitisch-religionsoffenen Einstellung über das zeitgeistige, christliche, völkisch-nationalistische, antisemitische Gedankengut der anderen Strömung in den meisten Logen – vor allem aber in der Großloge – die Oberhand behalten.
Den Austritt der christlichen Großlogen aus dem Großlogenbund hatte der Eklektische Bund maßgeblich beeinflusst, die Annäherung an die ausländischen Großlogen vorbereitet und danach mit vollzogen. Insbesondere hatte der Bund – fast einzigartig – keinen, letztlich erfolglosen und deshalb auch im Nachhinein so beschämenden Versuch der Anbiederung an das Naziregime unternommen.
Dieses gibt Anlass zur dritten Aussage:
Der Eklektische Bund hat in schwerster Zeit als einzige der regulären deutschen Großlogen ihre freimaurerische humanitäre Überzeugung auch vorgelebt.
13 Bereits 1921 hatte der nachmalige Chefideologe der NSDAP, Alfred Rosenberg eine Schrift mit dem Titel: „Das Verbrechen der Freimaurerei, Judentum, Jesuitismus, Deutsches Christentum“ verfasst; die 1927 erschienene Schrift General E. von Ludendorff: „Vernichtung der Freimaurerei durch die Enthüllung ihrer Geheimnisse“, brachte es in kurzer Zeit auf 26 Auflagen.
14 Festschrift (150 J.) der Loge Sokrates z.St., Seite 13 beschreibt, dass der Wohltätigkeitsanstalt, der Vermächtnis-Caspari-Stiftung und dem Jubiläumsfonds von insgesamt 350.000 Goldmark nach der Inflation noch 50 neue Reichsmark verblieben waren.
15 Festschrift (150 J.) der Loge „Carl zum aufgehenden Licht“, Seite 56 berichtet von der mit 285 Brr. damals größten Frankfurter Loge, dass sie 1918-22 jährlich steigende (bis 20/Jahr) und danach rapide fallende Zahlen an Neuaufnahmen zu verzeichnen hatte; 1928 keine mehr.
16 Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493.
17 „Die Logen der Freimaurer” von Jürgen Holtorf, Seite 73.
18 Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, Antisemitismus, Seite 82: Immerhin war es im letzten Grund die antisemitische Frage, die 1922 zur Sprengung des Deutschen Großlogenbundes führte.
19 Festschrift (150 J.) der Loge Sokrates z.St., Seite 13: 1907 unternahm der Grand Orient de France erste Annäherungsversuche an den deutschen Großlogenbund. 1911 erhielten die deutschen Logen eine Einladung zum IV. internationalen Kongress nach Paris und im August 1914 sollte in Frankfurt a.M. der VII. internationalen Kongress tagen. Da brach am 2. August 1914 der Krieg aus und zerriß die geknüpften Verbindungen.
20 Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493: 1918 – Die Großloge verliert durch den nationalistischen Stimmungsumschwung in einzelnen Logen einige ihrer Bundeslogen, konnte ihren Stand aber wieder halten.
21 Von Br. Georg Bender (genannt ‚Schmetterschorsch‘) wurde gesagt: „Er war ein kerndeutscher aufrechter Mann und gab der Loge zur Einigkeit das Gepräge der Nachkriegszeit“. „Ein Mann von echt deutscher Art, der sein Volk und Vaterland über alles liebte“. „Mit einem kräftigen und lebensvollem ‚Heil und Sieg‘ begrüßte er stets und ermunternd die Brüder“. „Ich höre noch immer die Worte unseres lieben Br. Bender in meinem Herzen klingen, die er sprach zu jüdischen Mitgliedern der Freimaurerei: ‚Wenn ihr rechte Freimaurer sein wollt, dann seid ihr auch Christen, nicht mehr Juden, denn Freimaurerei ist Christentum‘.“
22 Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Deutscher Großlogenbund, Seite 347.
23 Das Internationale Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493. schildert sehr detailliert, dass am 27. Feb. 1927 in Frankfurt die erste offizielle Aussprache zwischen dtsch. und franz. Freimaurern nach dem Kriege stattfand, um die Frage der von den Franzosen gewünschten Aussöhnung gemeinsam zu erörtern. Von französischer Seite nahmen 3 Vertreter der franz. Großlogen und von deutscher Seite GM Ries, die Zug.GM Becker und Dr. Rosenmeyer (Jude) teil. Die Unterhandlungen wurden von deutscher Seite hauptsächlich auf jene Probleme zugeschnitten, die damals eine wirkliche Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich besonders schwierig machten (Kriegsschuldfrage, Rhein-Ruhr-Besetzung). Im übrigen blieb die Besprechung ergebnislos.
24 Deutsches Freimaurer-Lexikon von Reinhold Dorsch: UFL, Universelle Freimaurer-Liga, in Esperanto: Universale Framasona Ligo. Auf dem ersten internationalen Esperantisten-Kongress 1905 in Boulogne wurde die UFL von Freimaurern gegründet, die Esperanto sprachen. Anläßlich des Kongresses in Bern 1913 wurde der Vereinszweck erweitert. Das Hauptziel sollte nicht mehr die Verbreitung des Esperanto, sondern die Vereinigung von Freimaurern aller Riten sein. … Die Ziele der UFL nach Frieden und Humanität und nach weltweitem geistigem Gedankenaustausch sind zu begrüßen…. Der erste Weltkrieg unterbrach die Arbeit. 1920 fand in Haag die erste Nachkriegsveranstaltung der Liga statt. Durch den Nationalismus und den 2. Weltkrieg wurde die Arbeit der Liga wieder behindert und unterbrochen. 1946 trafen sich erstmals Brüder zu einem Kongreß in Basel und beschlossen den Wiederaufbau der Landesgruppen….
25 Festschrift (150 J.) der Loge „Carl zum aufgehenden Licht“, Seite 56: Als am 28. Juli 1924 eine private Zusammenkunft einiger deutscher Brüder mit französischen und schweizerischen Logenmitgliedern stattfand, um die Streitfragen der Völkerversöhnung zu erörtern, machte man dem „Eklektischen Bund“ Würdelosigkeit und verbotene politische Betätigung zum Vorwurf. Die Gegner der Freimaurerei aber sprachen schon von Vaterlandsverrat und Hinneigung zum internationalen Judentum, was nur allzu willige Ohren fand in der breiten Öffentlichkeit, die das Wort von der „Weltbruderkette“, von dem sie gehört hatte, völlig falsch auslegte.
26 Karl Demeter in „Die Frankfurter Loge Zur Einigkeit“, Seite 129: Entscheidend wurden die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der deutschen Logen und auch innerhalb der Loge zur Einigkeit über die Frage, ob sie die durch den Krieg abgebrochenen Beziehungen namentlich zu England, zur englischen Großloge (UGLvE), der Mutter der ganzen modernen Freimaurerei, nun wieder anknüpfen sollten. Die Großloge des Eklektischen Bundes hatte sich, wie schon 1927 gegenüber Frankreich, zu diesem versöhnlichen Schritt nun auch gegenüber England durchgerungen. Aber viele Einigkeitsbrüder verurteilten das und stellten sogar den Antrag, die Einigkeit sollte aus dem Eklektischen Bund austreten. Die Abstimmung darüber am 6. Juli 1932 ergab von 91 Anwesenden 37 Stimmen gegen den Austritt und 51 dafür. Das war die einfache Mehrheit dafür, aber nicht die formal erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für einen solchen Beschluss.
27 Denkschrift der Loge „Zur Einigkeit“ von 1933, Seite 4ff: Die Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen mit der UGLvE wurde in der folgenden Vierteljahresversammlung der Großloge bestätigt, aber nur, da durch einen aus der Versammlung heraus gestellten Antrag die Abstimmung nicht nach Logen, sondern durch die anwesenden Mitglieder der Großloge vorgenommen wurde.
28 Begründung zum Antrag auf Austritt der Loge „Zur Einigkeit“ aus dem Eklektischen Bund in 10 Fragen und 10 Antworten, Zitat aus Antwort 7: „denn uns stand das Vaterland immer über der Menschheit, weil wir geboren sind‚ deutsch zu denken, zu fühlen und zu wollen.“
29 Internationales Freimaurer Lexikon, Lennhoff, Posner u. Binder von 2003, „Deutschland“, 6. Nationalsozialismus, Seite 223: Die durchaus im völkischen Milieu verankerten deutschen Maurer suchten vorerst Anpassungsstrategien zu entwickeln. Die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ nannte sich nach 1933 Nationaler Christlicher Orden (Friedrich der Große), die Große Loge von Preußen wurde zum Deutschchristlichen Orden Zur Freundschaft, die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland wurde zum Deutschchristlichen Orden, die Große Landesloge von Sachsen nannte sich nun Deutschchristlicher Orden von Sachsen, die Großloge Deutsche Bruderkette empfahl sich als Christlicher Orden deutscher Dom, die Große Loge von Hamburg mutierte zum Deutschen Orden Hamburg, während sich die Bayreuther Großloge „Zur Sonne“ auflöste und sich in eine Gesellschaft zur Pflege deutscher Kultur wandelte. Außenseiterpositionen der deutschen Freimaurerei, wie sie etwa die humanitären Großlogen vertraten (s. Müffelmann, Ludwig), blieben diese Anpassungstendenzen erspart, indem sie sich 1933 auflösten.