Der Einfluss des Eklektischen Bundes auf die deutsche Freimaurerei

Die „Große Mutterloge des Eklektischen Freimaurerbundes“ war eine reguläre Freimaurer-Großloge, die 1741 in Frankfurt gegründet wurde und sich 1933 auflöste. Ihre Mitglieder arbeiten seit 1949 in der Großloge der „Alten Freien und Angenommenen Maurer“.

Man sollte sich mit dem mit Eklektischen Bund mehr beschäftigen, in Frankfurt muss man es sogar tun, ist doch die deutsche Freimaurerei zu einem nicht unbedeutenden Teil durch ihn geprägt – und natürlich im Frankfurter Raum etwas mehr so. Leider wird die­ser Einfluss des Eklektischen Bundes auf die deutsche Freimaurerei allge­mein unterschätzt – wie es überhaupt sehr schade ist, dass man den Bund in Literatur und freimaurerischer Forschung vernach­läs­sigt.

Aus diesem Grund, und aus der Überzeugung heraus, dass heute noch etwas fortwirkt, dessen ursprüngliche Saat über 200 Jahre zurückgeht, soll vor dem geschichtlichen Hinter­grund ein als wahrscheinlich eingeschätzter Einfluss des Eklektischen Bundes auf die deutsche Frei­maurerei auf­gezeigt und an vier historischen Entwicklungen festgemacht werden:

    1. Freimaurerische Reformation
    2. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts
    3. Weimarer Republik
    4. Neuanfang 1947

1. Freimaurerische Reformation

Als Freimaurerische Reformation[1] wird die Zeit nach dem Wilhelmsbadener Kongress[2] (1782) bezeichnet, auf dem der Spuk der Strikten Observanz (nomen est omen) sein Ende fand und die deutsche Freimaurerei einen Neuanfang zu schaffen versuchte. Sie war nach dem Kongress in eine tiefe Ent­täu­schung und Orien­tierungslosigkeit, ja sogar Lähmung gefallen. Die Hochgrad­mau­re­rei hatte man vielerorts gründlich satt, nicht zuletzt, weil man diese Fluchtburgen des Adels vor dem in die Freimaurerei drängenden Bürgertum als unfreimaurerisch empfand, und den Geist der französischen Revolution im profanen Leben spürte, um ihn dann in den Logen um so mehr zu vermissen.

Es dauerte noch bis zur Jahrhundertwende, bis die Reformation abgeschlossen war (Friedrich Ludwig Schrö­der in Hamburg, Ignaz Aurelius Feßler in Berlin) und wieder einigermaßen stabile Verhältnisse herrschten (Verfassungsrevision der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Welt­kugeln“, Edikt von 1798 in Preußen).

In Frankfurt am Main bestand als eine der frühen Logengründungen in Deutschland seit 1742 die „Loge zur Einigkeit“. 1766 hatte sie von der Engli­schen Großloge ein Patent als Provincialloge erhalten und Tochterlogen gestiftet. In der Folgezeit, in der das Hoch­gradsystem der Strikten Observanz enormen Einfluss auf die deutsche Freimau­re­rei gewonnen hatte, waren Loge und Provincialloge ihrer Freimaurerei, der englischen, ‚Moderns‘-genan­n­ten Lehrart, trotz heftiger Avancen und dem Abfall der Tochterlogen, treu geblieben. Nach einer erforderlichen Neuwahl des Provincial-Großmeisters hatte aber die Großloge von England des­sen Bestätigung verweigert und an die Berliner Große Landesloge verwiesen, die durch ein zwischen­zeitliches Abkommen (1773) für den ganzen deutschen Raum zuständig sei. Daraufhin hatte man sich 1782 von der Englischen Großloge losgesagt und unter dem Namen „Provinzial­loge zu Frank­furt am Main“ für selbständig erklärt.

Auf dem Wilhelmsbadener Kongress hatte sich Franz Dietrich von Ditfurth, Schottischer Ober­meister der Wetzlarer Schottischen Direktoralloge „Joseph zum Reichsadler“, kritisch hervor­getan. Enttäuscht über den unbefriedigenden Verlauf des Kongresses setzte er einen länger geheg­ten Plan um, die Freimaurerei zur Umkehr bzw. Rückkehr auf ihre Basis­werte zu bringen. Er tat sich mit Johann Karl Brönner von dieser neu gegründeten Provinzialloge in der freien Reichs­stadt Frankfurt und mit dem dort weilenden Freiherr von Knigge zusammen, und diese drei ver­schickten 1783 ein Zirkular an die deut­schen und an etliche ausländische Logen, welches un­glaub­liche Reso­nanz fand. Dieses Rund­schrei­ben (später als Eklektische Bun­desur­kunde oder Stiftungsbrief bezeichnet) rief zur Rück­kehr zur ursprünglichen Art der Maurerei der drei symbo­li­schen Grade auf; zeigte aber gleich eine weit­reichende maurerische Toleranz, indem jeder bei­tretenden Loge überlassen sein solle, höhere Grade beizubehalten oder einzu­füh­ren; in Hoch­ach­tung der ‚Alten Pflich­ten‘ wolle man aus allen Syste­men das Beste und Überzeugend­ste her­aus­neh­men und zurückkehren zur alten Ein­fachheit der ursprünglichen Rituale; keine der ver­bun­denen Logen solle von einer anderen ab­hängen – auch nicht finanziell -, alle seien gleich und eigenständig. Die beiden Provinziallogen (Frankfurt und Wetzlar) hätten sich zusammen­ge­schlossen und wären bereit, das Logenbündnis zu führen und den freundschaft­lichen Schrift­verkehr aller untereinander zu koordinieren.

Das war etwas gänzlich Neues, ja Revolutionäres und völlig Gegensätzliches zur Strikten Obser­vanz. Durch einen Bund-Charakter des freiwilligen Zusam­men­schlus­ses unter zwei verbundenen, lediglich koordinierenden Provinziallogen würden die Mit­glieds­logen völlige Auto­no­mie und Selbst­­be­stimmung behalten, vorausgesetzt, sie stimm­ten mit den erklärten Zielen des Bundes überein. Da gab es keine anordnenden und befehlenden Oberen, Obersten oder gar Geheime Obe­re; die Mitgliedslogen sollten – symbolisch gespro­chen – mütterlich (der Name Große Mutter­loge wurde später angenommen) ver- und umsorgt werden.

Das war so begeisternd, dass im gleichen Jahr noch (1783) 56 Logen aus dem In- und Ausland ihr Interesse an einer Aufnahme in den Eklektischen Bund (wie er bald genannt wurde) gemeldet hatten. Sofort waren Rituale ausgearbeitet worden, hauptsächlich basierend auf denen der Loge zur Einigkeit, mit einem nie so recht geklärten Einfluss von Knigges. Mit von Ditfurth war man überein­gekommen, Aufzunehmende zu fragen, ob sie der christlichen Religion zugetan seien, seinen Wunsch nach Einführung eines 4. Grades hatte man ausgeschlagen. In den Folgejahren zog sich von Ditfurth aber – und damit die Wetzlarer Direktoralloge – immer mehr zurück, so dass letztlich dem Eklektischen Bund 1788 ein von der Frankfurter Provinzialloge allein erarbeitetes Gesetzeswerk nach­­ge­reicht wurde, welches in Gänze ihr angepasstes eigenes war.

Im nächsten Jahr (1789) schloss die Provinzialloge zu Frankfurt am Main wieder einen Vertrag mit der Engli­schen Großloge, welcher sie zur Großen Provincial- und Directorialloge machte, was etliche der 29 Logen, die jetzt dem Eklektischen Bund angehörten, sehr beunruhigte.

Zusammenfassung der freimaurerischen Reformation

In freimaurerischen Lexika wird in Abhandlungen über die Freimaurerei in Deutschland gesagt, dass die Gründung des Eklekti­schen Bundes 1783 für die deutsche Freimaurerei der erste wahr­haft reformatorische Schritt von dauerndem Erfolg war, der die Reformationsbewegung ein­leitete und die Befreiung der Freimaurerei von der Ordens­hie­rarchie und der Erdrückung durch die Hoch­grade brachte.[3]

Außerdem wird die Abnabelung von der Englischen Großloge als sehr wesentlich erachtet, und hiermit machte die Provinzialloge zu Frankfurt am Main, durch die Lossagung von England und der Bean­spruchung der eigenen Selbständigkeit 1782-83 den Anfang.[4]

Dies veranlasst zu einer ersten Aussage:

Die Frankfurter Freimaurerei war durch ihre initiatorische Rolle in der freimaurerischen Refor­ma­­­­tionsbewegung, sowie durch ihre Verselbständigung von der Englischen Großloge, durch Gründung des Eklektischen Bundes in doppelter Hinsicht richtungweisend und hat die deut­sche Freimaurerei ganz entscheidend beeinflusst.

2. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts

Genereller historischer Hintergrund: Der Anfang des 19.Jh. ist geprägt durch seine Kriege und großen territorialen Ver­änderungen durch Napoleon und den Wiener Kongress. Die Geistes­bewe­gung der Romantik wird vom Kräftespiel zwi­schen Reaktion und Vormärz abgelöst.

Genereller freimaurerischer Hintergrund: Obwohl es bereits Einigungsbestrebungen unter den Großlogen gab, herrschte große Zerstrittenheit, hauptsächlich wegen Sprengelrechtsver­letzungen, aber auch schon unter­schwellig wegen des „Christlichen Prinzips“. Die Logen hatten großen Zulauf, obwohl 1819 die Reaktion (Metternich) die Karlsbader Beschlüsse gegen die Geheimgesell­schaften gefasst hatte und von 1821-31 vier päpstliche Bannbullen gegen die Frei­maurerei geschleudert wurden.

Frankfurter historischer Hintergrund: Durch die napoleonischen Umwälzungen hatte die Freie Stadt Frankfurt 1806 ihre Selbständigkeit verloren. Als Kernstück „Großherzogtum Frankfurt“ im Rheinbund war sie unter die Regentschaft des Fürstprimas Carl von Dahlberg gekommen, der aber als Bruder die Weiterarbeit der Logen duldete. Nach der Befreiung Deutschlands von der französischen Fremdherrschaft 1813/14 bekam Frankfurt 1816 ihre Rechte als Freie Stadt erneu­ert, um sie durch ihre Einverleibung in das Königreich Preußen 1866 wieder zu verlieren.

Die Zeit um die Jahrhundertwende war sowohl für die Frankfurter Große Provincial- und Directo­rial­loge, wie auch für die Loge zur Einigkeit fatal. Der Eklektische Bund hatte durch die politischen Ereignisse in Folge der französischen Revolution fast alle Mitgliedslogen verloren, und die Große Loge hatte 1793 für neun Jahre ihre Arbeit ein­gestellt. Die Loge zur Einigkeit hatte wegen der Kriegswirren sowie Frank­furts französischer Besetzung auch nur sporadisch gear­beitet, und unzu­frie­dene Brüder hat­ten deshalb 1801 die Loge „Sokrates zur Stand­­haftig­keit“ gegründet.

Das war schon schlimm, aber es wurde noch schlimmer, als sich im Zuge der Emanzipation der Frankfurter Juden die Loge „L‘ Aurore naissante“ mit einem französischem Militär­lo­gen-Patent 1808 gegrün­­det hatte, deren Mit­glie­der mehrheitlich „Israeli­ten“[5] waren. Nun mussten sich die Brü­der auch noch der Juden­frage stellen – was aber ganz im tiefen reli­giö­sen Empfinden und reli­gi­ons­­ge­schicht­lichen Denken geschah und nicht im späteren ras­sisch-bio­logischen Denksche­ma des Natio­nal­­sozia­lis­mus.[6]

Bei beiden Logen, Zur Einigkeit und Sokrates zur Stand­­haftig­keit, stieß diese Gründung auf strikte Ablehnung und die Große Loge sprach gegen die neue Loge ein absolutes, die christlichen Brüder ein­schlie­ßendes, Besuchsverbot aus. Die Bedrohung „ihrer“ Freimaurerei, die die Brüder beider Logen emp­funden haben müssen, brachte aber die vormals verfeindeten Logen zusammen; die Loge Sokra­tes bekam Aufnahme in den Eklektischen Bund und die Große Loge wurde paritätisch besetzt. Wichtigstes Ergebnis des überraschenden Freundschaftspaktes war die gemein­same Änderung der ursprüng­lich de­isti­schen Rituale ins christliche, mit einer Frage an den Aufzu­neh­men­den, die Nichtchristen von der Aufnahme ausschloss.

Aus heutiger freimaurerischer Sicht ist das recht unverständlich, ist es doch im genauen Gegen­satz zu den „Alten Pflichten“, auf deren Basis sich das Eklektische System ausdrücklich gegründet, und die das Logen­le­ben bisher so gut geregelt hatten.

Es folgten jedoch noch vierzig Jahre heftigster Auseinandersetzungen um das so genannte „Christ­liche Prin­zip“, die für die gesamte deutsche Freimaurerei von ganz entscheidender Bedeu­tung wurden, da sie der heutigen humanitären Freimaurerei ihre prägenden Grundzüge gaben. Man kann dieses Ringen der Brüder um das Christliche Prinzip also nicht wichtig genug nehmen; vor allem darf man diese durch den Zeitgeist des Vormärz unterstützte Entwick­lung in Frankfurt nicht vergleichen mit der Erteilung von Besuchserlaubnissen und Logen- bzw. Groß­lo­gen­be­schlüs­sen über die Aufnahme einzelner, meist völlig assimilierter Juden, anderen­orts.

Nach Ende des französischen Einflusses musste sich die mit einem franz. Patent installierte Loge L´Aurore naissante um eine andere Konstitution bemühen. Durch einen ihrer christ­lichen Gründer bekam sie ein Patent vom Landgrafen Carl von Hessen-Kassel, General-Groß­mei­ster des Rekti­fi­zier­ten Ritus, einem Nachfolgesystem der Strikten Observanz. Dass dies aber zur Spaltung führen würde, hätte klar sein müssen, denn selbstverständlich konnten sich die jüdischen Brüder nicht mit den dabei gemachten Auflagen (z.B. mussten Stuhlmeister und Redner christlich sein) einver­standen erklären. So schieden die christlichen Mitglieder nach ent­sprechen­den Auseinan­der­set­zungen aus und gründeten 1816 die Schotten-Loge „Carl zum aufgehenden Licht“. Die übri­gen Brüder wand­ten sich nach England und erhielten 1817 vom Großmeister der inzwischen Vereinig­ten Großloge von England ein Patent als Loge „Zur auf­ge­hen­den Morgen­­­röthe“ – trotz deren Ver­tra­g mit der Frankfurter Großen Provincial- und Directorialloge.[7]

Diese nahm nun die Fehdehandschuhe auf, denn auf der einen Seite hatte man in der Gründung der Carl’­schen Loge eine Spren­gelrechts­verletzung gesehen und ihr die Anerkennung verwei­gert, und auf der ande­ren Seite begann man sich mit der Vereinigten Großloge von England zu strei­ten, weil man in der Gründung der Morgen­röthe eine Vertragsverletzung sah, sie deshalb nicht akzep­tieren konnte, und außerdem glaubte, darüber Beschwerde führen zu müssen, dass die Mit­glieder Israeliten seien. Selbst hatte man aber bereits mit der Ritualänderung 1811 die Ver­trags­grundlage verlas­sen und nun durch die erlassenen Besuchs­verbo­te gegen die beiden Logen, sowie der gemachten Auf­­lage an alle Tochter­logen, nur Christen als Besu­cher zuzulassen, den Vertragsbruch verschlimmert.

1823 erreichten die Strei­tigkeiten ihren Höhepunkt, als die Logen Sokrates und Einig­keit ein pole­mi­sches, landes­weites Rund­schreiben gegen „die Einmischung des Judentums in die Freimau­re­rei“ ver­schickten, weil die Morgen­röthe, nicht nur durch landes­­weite Rund­schrei­ben mit großem Enga­gement den Kampf um Anerken­nung­ ihrer Loge aufge­nommen, sondern sich auch für das generelle Besuchsrecht jüdischer Brüder in Logen außerhalb Frank­furts einge­setzt hatte. Dabei war sie nicht erfolglos geblieben, denn sie war von der englischen Großloge ganz bewusst und bei­spielhaft unterstützt worden[8], so dass es zur erneuten Trennung der Frankfurter Großloge von der englischen Mutter-Groß­loge und zur Selbst­ernennung der „Großen Mut­ter­loge des Eklek­ti­schen Freimaurer­bundes von Frank­furt am Main“ als unab­hängige Groß­loge kam.

In den folgenden 25 Jahren entbrannte der eigentlich entscheidende Kampf ums Christliche Prin­zip, denn er wurde von den Brüdern unter sich ausgetragen, ohne dass sie sich darin von den Logen- und Groß­logen­­füh­rungen bevormunden ließen, sondern im Gegenteil diese letztlich von ihren Einstellungen überzeugten.

Dem Zeitgeist entsprechend fühlte sich ein Teil der Brüder in den erzkonservativ-christ­lichen Logen-Führungen (s.o. Rundschreiben) nicht repräsentiert. Annäherungsversuche und unerlaubte Besuche bei der jüdischen, aber auch bei der christlichen Loge begannen, so dass nach Logen­führungswechseln bei Einig­keit und Sokrates die Große Mutterloge Anfang 1830 gegen diese Logen Klage führte, wegen der Aufnahme brüder­li­chen Verkehrs mit den beiden anderen Logen Carl und Morgenröthe. Die Besuche häuften sich und 1833 beschloss die Mor­gen­röthe, einge­führ­ten Brü­dern anderer Logen den Zutritt zu erlauben, was prompt zur noch­maligen Spal­tung und zur Gründung einer „fundamenta­lis­tisch-jüdi­schen“ Loge „Zum Frank­fur­ter Adler“ führte.

So kam es im christlichen Lager zu Ver­hand­lungen, zuerst über die offizielle Aner­ken­nung, und später gleich über den Beitritt der Loge Carl zum Eklektischen Bund. Die Ver­hand­lungen gestalte­ten sich jedoch äußerst schwierig (z.B. deckten 1834 die Ver­hand­lungs­geg­ner in der Großloge, Großmeister eingeschlossen), langwierig (der Tod des Landgrafen Carl 1836 wurde abgewartet) und kompliziert durch ausgehandelte Sonderrechte für die Loge Carl (z.B. ein eigenes Ritual mit stär­kerer Betonung des Christlichen und die Beibehaltung ihrer Schotten-Hoch­grade).

Gleichzeitig hatte sich jedoch eine neue Groß­logen­führung dem Anliegen des anderen Teils der Frankfurter Brü­der angenommen. Ganz gegen­teilig war diese unter Großmeister Georg Kloß auf eine viel stär­kere Verdeutlichung des Humanitäts­prinzips und der Abwen­­dung von Hoch­graden aus und hatte, mit den Bundeslogen nicht abge­stimmt, Prinzip-Erläu­te­rungen veröffent­licht, dass der Bund für alle monotheistischen Religionen offen sei.[9]

Das führte zu landesweit verbreiteten Auseinander­set­zungen in aus­drücklicher Ableh­nung von Toleranz zwischen Großmeister Kloß[10] und der Loge Carl[11], auf Grund deren diese Loge 1844 aus dem Eklektischen Bund ent­lassen wurde. Da dies wiederum ohne Einbeziehung der Bundes­logen gesche­hen war, traten nach starken Protesten verschiedener Logen zwei aus dem Bund aus und grün­­deten (1846) mit der Loge Carl die Darm­städter “Große Frei­maurerloge Zur Eintracht”.

In gänzlich anderem Stil hatte dann die Großloge 1845 einen Entwurf zur Reorganisation des Eklek­ti­schen Bundes zur dreijährigen prüfenden Annahme an die Bundeslogen verteilt, der die zukünf­tige Wirksamkeit des Bundes wieder auf seine Ursprünge zurückbringen sollte, d.h., auf die Grundlage der Alten Pflichten. Dabei sollten die Rituale zurück geändert werden, insbesondere die Frage nach der christlichen Religion des Aufzunehmenden, und man wollte die Bear­beitung höhe­rer Grade nicht mehr zulassen.

Als die Annahme der Reorganisations-Akte 1848 einstimmig erfolgte, stand der Anerken­nung der Morgen­röthe als gerechte und vollkommene Loge im selben Jahr nichts mehr im Wege.

Aber bereits 1846 hatte die Loge Carl auf einmal beschlossen, jüdische Brüder zu ihren Tem­pel­arbeiten zuzu­lassen, worauf sich eine „fundamentalistisch-christliche“ Loge „Carl zum Lin­den­­berg“ abspalte­te, die beim Eintrachtbund verblieb, während Carl 1850 in den Eklekti­schen Bund zurück­kehrte. Später waren dann sogar alle sechs Frankfurter Logen im Bund vereinigt und der Ein­tracht­bund hatte die eklektischen Rituale angenommen.

Zusammenfassung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Für die freimaurerische Entwicklung im Vormärz kommen in Frankfurt einmalige Umstände zum Tragen. In der von Obrigkeit recht unbeeinflussten Freimaurerei einer freien Reichsstadt wirkte eine Großloge, die in ihrer durch die englischen ‚Moderns‘ geprägten Aus­rich­tung für Anders­­­gläu­bige hätte offen sein müssen. Als aber eine ganze Loge von großteils Juden die Arbeit aufnahm, empfanden dies die Brüder in ihrem religiösen Verständnis als Bedro­hung ihrer Frei­maurerei und reagierten genau gegensätzlich. Als dann noch eine Loge eines christlichen Systems zu arbeiten begann, mussten sich die Brüder aller drei Richtungen der Frage ihres frei­maurerischen Verständ­nisses stellen.

Das vierzigjährige, die Bruderschaft zerreißende Ringen der Brüder um das Christ­­­liche Prinzip in einer sich dramatisch verändernden Gesellschaft brachte einerseits die Rückgewinnung der ursprünglich vorgegebenen freimaurerischen Grundwerte, und anderseits erzwangen die Durch­setzungskämpfe ihrer Überzeugungen bei den Logen – vor allem aber bei der Großloge – ein unüb­liches Demokratieverständnis. Beides bewirkte eine neue Ausrichtung des Eklektischen Bun­des; und bei der Bruderschaft hatte sich eine ganz feste Überzeugung von der Richtig­keit der ‚huma­nitären‘ Art der Freimaurerei herausgebildet, weil sie so hart durch den an der Basis ausge­tra­genen Bruderzwist erkämpft war.

Diese Erkenntnisse geben Anlass zu einer zweiten Aussage:

Die deutsche humanitäre Freimaurerei hat durch den Eklektischen Bund ihre prägenden Grundzüge erhalten, weil es die Brüder waren, die zuerst um ihre freimaurerische Einstellung gerungen und diese dann in Logen und Großloge durchgesetzt hatten.

3. Die Zeit der Weimarer Republik

Genereller historischer Hintergrund: Nach dem 1. Weltkrieg (1914–18) war das deutsche Kaiserreich beendet und es begann die Weima­rer Republik, die durch politische Instabilität, große Not, Arbeitslosigkeit, Inflation und politischen Rechtsdrift geprägt sein sollte. Der „Versailler Vertrag“ (1919) brachte Verluste von großen deutschen Gebieten und den Kolonien, sowie Reparationen in unbestimmter Höhe. 1920-22 wurde die Arbeitslosigkeit immer größer, man litt sehr unter den Bürden des Versailler Vertrags, die innenpolitischen Kämpfe nahmen zu (Unruhen/Aufstände/Umsturz­ver­suche) und der Natio­nalismus verstärkte sich. 1922/23 hatte die Inflation durch die Vernichtung aller Kapitalien die wirt­schaftliche Situation extrem verschlechtert. 1922-24 hatten Reparationszahlungen und Ruhrbesetzung (bis 1925) die Gemüter noch mehr aufgeheizt und weit verbreitete Unruhen mit Ausnahmezuständen ausgelöst. 1929-33 hatten Welt­wir­tschafts­krise und Massenarbeitslosigkeit den Rechtsradikalismus so gestärkt, dass die Partei des Nationalsozia­lis­mus 1933 die Macht ergreifen konnte.

Internationaler freimaurerischer Hintergrund: Waren vor dem Weltkrieg, durch den bereits aufkommenden Nationa­lis­mus im Kaiserreich, die Beziehungen zur internationalen Freimaurerei langsam versandet, so sah sich die deutsche Freimau­rerei im Krieg plötzlich allein. Die Beziehungen ins Ausland hatten nicht nur schlagartig aufgehört, es wurden auch gegen die deutsche Freimaurerei Beschuldigungen (Belgien, Schweiz) erhoben. So verhallte nach dem Krieg ein Hilfe­ruf an die Freimaurerei der Welt für das Not leidende deutsche Volk unbeantwortet, wie sich auch nach Jahren noch die Freimau­rer einiger Siegerstaaten gegen einen Wiedereintritt der deutschen Freimaurer in die internationale Kette aus­sprachen; außer auf französischer Seite, wo bereits nach 1920 ein ehrlicher, in breitester Öffentlichkeit beton­ter Ver­söhnungswille zu verzeichnen war, der wiederum die deutsche Freimaurerei durch die völkische Hetze gegen das Frei­maurertum in Schwierigkeiten brachte.[12]

Deutscher freimaurerischer Hintergrund: Wie schon immer hatten die gesellschaftlichen Entwicklungen durch ihren Ein­fluss auf die Brüder auch die Logen und Großlogen geprägt. Aber, außer dass die Brüder sich als Bürger im Profanen zu positionieren hatten, als Freimaurer waren sie insbesondere durch die antifreimaurerische Hetze betroffen. Hatten bereits ab 1880 Völkische Vereine gegen die Freimaurer wie auch gegen die Juden gehetzt, so beschuldigten nach dem 1. Weltkrieg weite Volksschichten die Freimaurerei des Vaterlandsverrats und gaben ihr die Schuld am verlorenem Krieg. Durch eine Unmenge von Hetzschriften unzähliger Autoren – Ludendorff war davon nur einer[13] -, die zusätzlich den Antise­mitismus ausnutzend die Freimaurer zu Judenknechten, künstlichen Juden, Handlangern Alljudas und Werk­zeu­gen der „Weisen von Zion“ machten, sahen sich die Brüder einer Welt des Hasses gegenüber.

Auch musste man sich Sorgen um den Fortbestand der Logen machen, denn die Inflation hatte 1923 einerseits alle Logengelder vernichtet, andererseits war auch die finanzielle Situation vieler Brüder so, dass die Logenbesuche zurückgingen, weil manche Brüder sich das Glas Bier am Logenabend nicht mehr leisten konnten.

Am 50. Gründungstag des Großlogenbundes war es 1922 zum Austritt der drei christlichen (Berliner) Großlogen gekommen, so dass mit den darin verbleibenden humanitären Großlogen nur noch ca. 20% der deutschen Freimaurerei im Groß­logenbund repräsentiert waren.

Obwohl das maurerische Leben während des Krieges fast zum Erliegen gekommen war und danach nur langsam wie­der in Gang kam, hatte die Freimaurerei einen ganz erstaunlichen Zulauf erlebt, der 1922 zum Höchst­stand an Mit­glie­dern führte, danach aber rapide abnahm und von 1929 an ins Gegenteil umschlug.

Frankfurter freimaurerischer Hintergrund: In Hetze, Inflation[14] und Mitgliederentwicklung[15] unterschied sich die Frankfur­ter Freimaurerei in nichts von der deutschen. Es bestanden aber in der Stadt zwei jüdische von sechs eklektischen Logen. Damit herrschten bezüglich der von den Brüdern in Logen und Großloge hineingetragenen Einstellungen gänz­lich andere Voraussetzungen als anderenorts. Es gab zwei sich polarisierende Strömungen. In der einen, rein freimau­re­risch-humanitären, fanden sich die jüdischen Brüder wohl eingebettet, die andere, völkisch-natio­nale fand aber stärker werdenden Zuspruch, wie in der Gesellschaft auch. Für die Großloge war deshalb die Entschei­dungsfindung für ihre Handlungen – auch wegen der Basisnähe – oft nicht einfach.

1931 hatte die Große Mutterloge des Eklektischen Freimaurerbundes zu Frankfurt a.M., gegründet 1783, 26 Logen und 5 Kränzchen mit insgesamt gegen 3.000 Brüder. In Frankfurt selbst unterhielt sie sechs Logen. Ferner hatten die Große Landesloge eine, die „Drei Weltkugeln“ zwei, die Großloge von Preußen, Bayreuth und Hamburg ebenfalls je eine Loge[16] 1933 zählte der Eklektische Bund 24 Logen mit 3.500 Mitgliedern und löste sich mit Beginn des 3. Reiches auf.[17]

Im Zuge der Einigkeits-Euphorie, die Deutschland nach 1871 ergriffen hatte, war von den Frei­mau­­­­rer-Großlogen 1872 der Deutsche Großlogenbund gegründet worden. Es hatte aber nicht lange gedauert, bis sich die zwei Systeme „christlich“ (kon­ser­va­tiv-national-völkisch) und „humani­tär“ (liberal-international-religions­of­­fen) entzweit hatten und anfingen, sich zu strei­ten.

Es wird gesagt, dass dies unterschwellig von allem Anfang an in der „Judenfrage“ begründet war.[18] So hatte zu diesem Streit ganz sicher beigetragen, dass von 1901-07 der jüdische Bruder Fritz Auer­bach Groß­meister des Eklektischen Bundes war, wie wohl auch die Annäherungen des Eklek­tischen Bun­des an den Grand Orient de France und die jährliche Teilnahme an Inter­na­tio­na­len Frei­­mau­­rer­kon­gres­sen.[19]

1918 hatte noch einmal ein jüdischer Bruder, Ludwig Rosenmeyer, den Großmeister-Hammer geführt, seine Wiederwahl hatte er aber abgelehnt, denn die Großloge hatte durch den natio­na­listi­schen Stimmungsumschwung in einzelnen Logen einige ihrer Bundeslogen verloren.[20]

In der Folgezeit hatte sich in der Großloge immer wieder die Notwendigkeit gezeigt, ihre eigene Führung zwischen den rein freimaurerisch-humanitären und den völkisch-nationalen Einstellungen in der Bru­der­schaft und den Bundeslogen zu definieren. So wurde 1925 extra für Altgroßmeister Rosen­meyer die Position eines Ehrengroßmeisters geschaffen, so dass er als Zugeordneter Groß­­­meister gewählt werden konnte, und nicht der für diese Position anstehende Bruder.[21]

Nach langem Zer­würfnis waren 1922 die drei Berliner Großlogen aus dem Groß­logenbund aus­getreten; unter anderem folgendermaßen begründet: „wegen den pazifistischen und kosmopo­liti­schen Anschauungen der humanitären Großlo­gen und deren Angriffe auf die Haltung der christ­lichen Großlogen zur Judenfrage“[22], und damit die eigene unfreimaurerische Ein­stel­lung elegant in eine Anschuldigung umformulierend.

Vom Eklektischen Bund wurde die erstere Begründung zwar erst nachträglich, dafür aber um so vollstän­diger bestätigt, als es 1927 – im Veröffentlichungsjahr von Ludendorffs Hetzschrift – zur „Frankfurter Begeg­­nung“[23] kam, der ersten Annäherung nach dem Krieg zwischen der deutschen und der fran­zö­si­schen Frei­maurerei. Die Großloge und ihr Großmeister hatten sich danach gröb­sten Angriffen von fast allen Seiten zu erwehren, denn die Öffentlichkeit hatte darin den schlimm­s­ten Vaterlandsverrat gesehen, die christ­lichen Großlogen fast ebenso, die anderen humanitären Großlogen hatten das Treffen nicht unterstüt­zt und sogar vier Logen des Eklektischen Bundes wa­ren strikt dagegen gewe­sen.

So hatte es dem Zeitgeist entsprechend in den eklektischen Logen vielfach Austritte und wohl auch Logenwechsel von Brüdern gegeben, denen die Aus­richtung ihrer Logen nicht völkisch-national genug war; den amtierenden Großmeister Ludwig Ries hatte dies aber in seiner Über­zeu­gung nie beirrt. 1928 hatte er am 10. Stiftungsfest der internationa­listischen und pazi­fi­s­tischen Großloge von Öster­reich teilgenommen und sich danach in Berlin den schärf­sten Anfeindungen der Berliner Großmeister gestellt. Auch der For­de­rung einiger Logen, dass der Austritt der eklek­tischen Brüder entweder aus der Universellen Freimaurer Liga (UFL)[24] – denn lange schon hatte die Idee der Liga in eklek­ti­schen Bruder­kreisen Anklang gefunden[25] – oder aus der Bun­desloge zu erfolgen habe, war nicht stattgegeben worden.

Als Großmeister Ries 1929 sein Amt niedergelegt hatte, führte noch einmal ein Bruder der Mor­genröthe, Arnold Lazarus, als (Zugeordneter) Großmeister die Geschäfte der Großloge, zu einer Zeit, als die Hetze des Nationalsozialismus schon bedrohlich war, bevor sie dann – nach der Machtübernahme – in Ver­fol­gung und Gewalt gegenüber der Bruderschaft ausartete.

Der 1930 gewählte, letzte Groß­meister Friedrich Ganser brachte den Eklektischen Bund mit den Groß­logen von Hamburg und Bayreuth in die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der gegen­sei­tigen Beziehungen mit der englischen Groß­loge[26] ein, der erforderliche Beschluss zur Beziehungsaufnahme im Frühjahr 1932 war aber nicht einfach gewesen.[27] Letztlich war ihm noch beschieden, mit seiner Großloge auf die hereingebrochene Katas­t­rophe – die nationalsoziali­sti­sche Macht­ergrei­fung im Januar 1933 – zu reagieren. Sie rea­gierte einzigartig beispielhaft, indem sie nach 150 Jahren im März, auf eins­timmigen Beschluss ihres Großbeamten­rates ihre Arbeit einstellte, um den Logen volle Hand­lungs­freiheit in ihren Beschlüss­en über das weitere Verhalten im Naziregime zu geben.

Selbstverständlich hatte es im Eklektischen Bund auch einige Logen gegeben die dem völkisch-natio­nalen Zeitgeist entsprechend der humanitären Ausrichtung der Großloge immer ent­gegen­ge­wirkt hatten.[28] Diese machten dann von der Handlungsfreiheit Gebrauch, indem sie sich einer der alt­preußischen Großlogen anschlossen, welche sich in Nationale bzw. Deutsche Christ­liche Orden[29] umbe­nannt und gehofft hatten, dass sie dadurch als „judenreine Nicht-Frei­maurer“ gelten und vom natio­nal­­soziali­sti­schen Regime gar als christliche Orden anerkannt wür­den.

Die meisten eklektischen Logen hatten dagegen ohne Großlogenzugehörigkeit versucht so gut wie mög­lich wei­ter zu arbeiten. Nach der Machtübernahme hatte aber der Terror der NSDAP gegen die Frei­mau­rerei immer mehr zugenommen. Die Brüder wa­ren nach Tempelarbeiten viel­fach Anpö­be­leien auf der Straße aus­gesetzt, und während der Arbeiten war immer mit gewalt­sa­mem Ein­dringen zu rechnen gewesen. Als dann den Beamten die Mitglie­dschaft in einer Frei­mau­rer­loge unter­sagt wurde, war den Logen zwar eine große Anzahl von Brüdern nominell verloren gegangen, jedoch hatten die meisten die inner­liche Verbin­dung auf­recht erhalten und viele sogar noch am Logen­leben teil­ge­nommen. 1934 wurden dann aber den Logen ohne Großlogenzugehö­rigkeit ihre Vermögen und Logen­häuser beschlagnahmt und das Inventar konfisziert, so dass eine Weiterarbeit unmög­lich war und die Logen einfach ihre Arbeiten einstellten.

Den National/Deutschen Christ­lichen Orden und ihren Logen war durch die Nationalso­zialisten noch ein zusätzliches Jahr Siechtum ver­gönnt worden.

Zusammenfassung der Zeit der Weimarer Republik

In dieser Zeit hatte sich der Eklektische Bund mit zwei ausgeprägten Strömungen in seiner Bru­derschaft auseinandergesetzt, die in den anderen humanitären Großlogen so nicht auftraten und die es in den drei christlichen Großlogen gar nicht gab. Dabei hatte die Strömung der rein freimau­re­rischen humanitären, kosmopolitisch-reli­gions­offenen Einstellung über das zeitgeistige, christ­liche, völkisch-nationalistische, antisemitische Gedanken­gut der anderen Strö­mung in den meisten Logen – vor allem aber in der Groß­loge – die Ober­hand behalten.

Den Austritt der christlichen Großlogen aus dem Großlogenbund hatte der Eklektische Bund maßgeblich beeinflusst, die Annäherung an die ausländischen Großlogen vorbereitet und danach mit voll­zogen. Insbesondere hatte der Bund – fast ein­zigartig – keinen, letztlich erfolglosen und deshalb auch im Nachhinein so beschä­menden Versuch der Anbie­­derung an das Naziregime unternommen.

Dieses gibt Anlass zur dritten Aussage:

Der Eklektische Bund hat in schwerster Zeit als einzige der regulären deutschen Großlogen ihre freimaurerische humanitäre Überzeugung auch vorgelebt.

4. Neuanfang 1947

Dieser letzte Zeitabschnitt ist nur im Zusammenhang mit der Einführung verständlich, denn die Großloge des Eklektischen Bundes hatte 1933 nach 150 Jahren ihre Arbeit eingestellt. Eine Wiedergründung hatte nicht stattgefunden (war auch nie in Erwägung gezogen worden), es hat also auch keinen direkten Einfluss des Eklektischen Bundes auf die deutsche Freimaurerei in der Zeit ihres Neuanfangs 1947 gegeben.

Es kann aber für sicher gelten, dass die Brüder, die an der Gestaltung der neuen, einen Großloge, welche die gesamte deutsche Freimaurerei umfassen sollte, mitgewirkt hatten, auch ihre Erfah­rungen und Vorstellungen in die Neugestaltung einbrachten.

Der enormen Leistung dieser Brüder gebührte es eigentlich, dass man sich mit dieser Zeit der Wiedergründung der Logen und der Entstehung der Vereinigten Großloge von Deutschland ein­gehend beschäftigte. In diesen Ausführungen sei nur der tiefen Bewunderung für die Leistung der Brüder Ausdruck verliehen, die 1945, in den Ruinen von Staat, Stadt und ihren Existenzen ste­hend, es sich zur Aufgabe gemacht hatten, ihre Freimaurerei wieder aufleben zu lassen.

Es sind wohl die gleichen Brüder gewesen, die zuerst ihre Logen wieder gegründet hatten, danach aber die weitere Entfaltung ihrer Freimaurerei nur in einer entsprechenden Großloge sehen wollten. Diese Brüder hatten die Gunst der Stunde genutzt, endlich alle Logen unter einer Großloge zu vereinigen – wie von fast allen Freimaurern damals ersehnt – und diese neue Groß­loge ihren Vorstellungen entsprechend mitgestaltet.

Für Frankfurt ergab sich im Folgenden eine gewisse Zwangsläufigkeit, vielleicht weil hier schon einmal die Wiege der humanitären Freimaurerei gestanden hatte, vielleicht auch nur wegen der zentralen Lage der Stadt, oder weil sich eben hier die entsprechenden Brüder fanden. Denn 1947 hatte der „Frankfurter Konvent“[30], bei dem sich 23 Freimaurer aller Lehrarten – mit Aus­nah­me des FO – getrof­fen hatten, zur Gründung der „Frankfurter Arbeitsgemeinschaft von Frei­mau­rerlo­gen“ geführt, die dann die vorbereitenden Arbeiten zur Gründung der Großloge getätigt hatte.

Bruder Theodor Vogel, der spätere Großmeister der 1949 gegründeten „Vereinigten Groß­loge der Frei­maurer von Deutschland“ hatte die Ansicht, dass diese Arbeiten nur die Vorbereitung des Auf­baus der Landes-Großlogen waren[31]. Der Frankfurter Bruder Emil Selter hatte das anders gese­hen, denn bereits 1948 hatte er vor, aus der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft heraus, die „Geeinte Groß­loge der Freimaurer von Deutschland“ zu gründen, war aber von Vogel ausgebremst worden[32].

Egal, welche Bedeutung man der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft zukommen lassen will, sie war das, was ihr Name sagt, und es wurden in ihr die Grundlagen der Vereinigten Großloge der Frei­maurer von Deutschland erarbeitet.

Zusammenfassung Neuanfang 1947

Frankfurter Brüder übernahmen einen größeren Teil der vorbereitenden Arbeiten zur Grün­dung der neuen Großloge, so dass auf Grund ihrer freimaurerischen Erfahrungen und Ein­stellungen gewiss einiges vom „Geist“ der alten in die neue Großloge eingeflossen ist.

Diese Feststellung veranlasst zur vierten Aussage:

Der Eklektische Bund hat durch den „Geist“ seiner Richtung der Freimaurerei die deutsche humani­täre Nachkriegs-Freimaurerei beeinflusst.

Abschließende Betrachtung

Am Schluss der Ausführungen kann gesagt werden, dass der Eklektische Bund für die deutsche Freimaurerei:

    • die freimaurerische Reformation (Befreiung von Ordenshierarchie und Hochgraddominanz) eingeleitet hat und in der Loslösung von England richtungweisend war;
    • im Ringen um das christliche sowie um das demokratische Prinzip die prägenden Grundzüge einer freimaurerischen Ausrichtung – der humanitären – im Bruderzwist hart erkämpft hat;
    • in schwerster Zeit, bei Auseinandersetzungen im Großlogenbund und beim Bestreben, wieder in die Weltbruderkette zu treten, vorbildlich bis zur Selbstaufgabe in der Umsetzung dieser hart errungenen Ausrichtung war;
    • seinen Geist in die heutige Großloge der Alten, Freien und Angenommenen Maurer von Deutsch­land eingebracht hat.

Der Eklektische Bund hat die deutsche Freimaurerei entscheidender geprägt, als ihm zuerkannt wird.

Erstveröffentlichung im Jahrbuch der Forschungsloge Quatuor Coronati im Jahr 2004.
Autor: Br. Erwin Bohnacker, Altstuhlmeister der Loge Sokrates zur Standhaftigkeit..


Quellen und Anmerkungen

[1] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff, Posner u. Binder von 2003, „Reformbestrebungen“, ab Seite 694: Die größte Reform der deutschen Freimaurerei bedeutet die – mittelbar von den freimaurerischen Klassikern vorbereitete – Abkehr von den Verirrungen des 18. Jahrhunderts, von der Strikten Observanz und anderen Systemen, das Wiederein­schwenken zur ursprünglichen reinen Form der Freimaurerei unter gleichzeitiger Vergeistigung der Lehre und Vertiefung des humanitären Inhalts auf Grund historischer Forschung und philosophischer Deutung der Symbolik und Ritualistik. Die Freimaurerei in ihrer »verbesserten und auf ihre Lauterkeit und Einfachheit zurückgeführten Verfassung« nannte Wieland das Ergebnis des Reformwerks in seinem Aufnahmegesuch. Das »eklektische Rundschrei­ben«, die Tätigkeit Schröders (s.d.) und Feßlers (s.d.) sind als Marksteine der Reformbewegung zu Ende des 18. Jahrhunderts besonders zu erwähnen.

[2] Deutsches Freimaurer-Lexikon von Reinhold Dorsch: „Strikte Observanz“ (Seite 272). Konvent von Wilhelmsbad (1782). Er war sechs Jahre nach dem Tod von Hunds einberufen worden und bedeutete praktisch die Auflösung der Strikten Observanz. Zwar versuchte der Herzog Ferdinand von Braunschweig neue Grundsätze aufzustellen und Reformen durchzuführen, aber konnte sich gegen die aufmüpfigen Logen nicht durchsetzen. Die Probleme wurden vielen Ausschüs­sen übertragen, die 50 Tage diskutierten. Die entscheidende Frage, ob die Freimaurerei vorn Tempelberren‑Orden ab­stammt, wurde verneint, allerdings eine „gewisse Beziehung und Analogie“ festgestellt. Die Legende von den „unbe­kann­ten Oberen“ wurde zerstört. Nur wenige Logen blieben bei der Strikten Observanz. Diese nur wenige Jahrzehnte dauernde Abirrung hat viel Verwirrung und Unsicherheit in die Freimaurerei getragen und ihr manchen Schaden zugefügt (Unbedingter Gehorsam! Geheime Obere! Ausuferndes Hochgradsystem! Prunk und Glanz!). Die 3 WK arbeitet diese zeit­weilige Fehlentwicklung ihrer Lehrart zur glanzvollen Tempelritterschaft der Strikten Observanz in einer ihrer Erkennt­nis­stufen als warnendes Beispiel auf.

[3] Allgemeines Handbuch (Encyklopädie) der Freimaurerei von Lenning (1900),1.Band: „Deutschland“ auf Seite 193: Sie erliess 1783 mit der Provinzialloge in Wetzlar vereint ein Rundschreiben, in dem sie zur Gründung des noch jetzt beste­henden Eklektischen Bundes (s. Frankfurt a.M.) aufforderte; das Verdienst, diesen ersten wahrhaft reformatorischen Schritt von dauerndem Erfolg gethan zu haben, kam hauptsächlich dem an der Spitze der Loge in Wetzlar stehenden v.Ditfurth zu. Bis Ende 1783 nahmen 24 Logen an dieser Verbindung teil, welche die drei Johannisgrade und die altenglischen Rituale annahmen, ohne jedoch die höhern Grade ganz auszuschliessen. Trafen nun diesen Bund auch mannigfache Angriffe und Hindernisse, so bewirkte doch sein Auftreten, eine in demselben Jahre von der Grossen National Mutterloge Zu den drei Weltkugeln ergangene Deklaration, worin sie sich ganz von der strikten Observanz lossagte, völlige Unab­hängigkeit in Anspruch nahm und gegenseitige Duldung erklärte, nicht minder die in Hannover und Hamburg (1786) erfolgte Wieder­herstellung der Verbindung mit der englischen Grossloge, die auch Frankfurt 1788 wieder aufnahm, eine durchgreifende Befreiung der deutschen Logen von den bisherigen Fesseln der Ordenshierarchie und dem Druck der Hochgrade.

[4] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff, Posner u. Binder von 2003, „Deutschland“, auf Seite 220: Sehr wesent­lich war auch, daß die deutsche Freimaurerei nunmehr daranging, ihre Selbständigkeit zu erobern. Den Anfang machte der Eklektische Bund, der mit der am 18./21. März 1783 verfaßten und genehmigten Bundesurkunde den Grund zur eigenen Großlogenselbständigkeit legte. 1783 hatte sich auch die Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ selbständig erklärt. Am 4. Februar 1811 sagte sich auch die Provinzial-Großloge von Hamburg und Niedersachsen von der englischen Großloge los und wurde die Großloge von Hamburg. Ihr folgte die Große Landesloge von Sachsen (28. September 1811) und die Großloge „Zur Sonne“ in Bayreuth (11. Dezember 1811), so daß die Aufteilung der deut­schen Großlogen bereits ungefähr den Verteilungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprach.

[5] Damals übliche Bezeichnung für Juden, vom biblischen ‚Kinder Israels‘.

[6] Karl Demeter in „Die Frankfur­ter Loge Zur Einigkeit 1742-1966, 3. Kapitel: Inneres Leben, Seite 101“.

Weitere Literatur zum gesellschaftspolitischen Kontext, insbesondere zu Judentum und Freimaurerei: Paul Arnsberg: „Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der französischen Revolu­tion, Kapitel II / 6 und V / 2“.

[7] Allgemeines Handbuch (Encyklopädie) der Freimaurerei von Lenning (1900). 1. Band unter „DEUTSCHLAND “ ab Seite 192: Nach dem Vertrag mit England konnte diese Grossloge ohne Billigung ihrer Provinzialloge keine Loge in dem ange­wiesenen Bezirk errichten, wohin­gegen diese verpflichtet war, keine Neuerungen einzuführen, wodurch die Alten Pflichten abgeändert oder gar umgestossen würden. Beiderseits war der Vertrag verletzt worden. Die englische Grossloge hatte ohne weiteres der Loge L‘ Aurore naissante (Zur aufgehenden Morgenröte), als diese nicht mehr unter dem Grossorient von Frankreich zu arbeiten für rätlich hielt und mit dem neuen Freibrief des Landgrafen Karl nicht fortarbeiten konnte, 1817 eine Stiftungsurkunde gegeben und kümmerte sich um die Einsprüche von F. nicht, so wenig es die Provinzialloge für einen Vertragsbruch gehalten hatte, durch Verordnungen und Verträge der Verbindung einen streng christ­lichen Charakter aufzudrücken, womit sie den englischen Gesetzen geradezu widersprach. Jahrelange Unterhandlungen führten nicht zu einer Ausgleichung, die Provinzialloge erklärte sich vielmehr 1823 für unabhängig und nahm den Namen „Grosse Loge des Eklek­tischen Frei­maurerbundes“ an.

Daselbst unter Frankfurt a.M., III. Logen, 4) Zur aufgehenden Morgenröte, Seite 305: Wahrscheinlich ist es, dass die engli­sche Grossloge davon unterrichtet worden war, dass die Provinzialloge in Abweichung von den Alten Pflichten den soge­nannten christlichen Standpunkt eingenommen hatte und jüdische Brüder nicht einmal als Besuchende zuliess, während man früher (1790) den israelitischen MvSt. der Toleranzloge in Berlin zugelassen, auch zum grössten Teil aus Nichtchristen bestehenden Mitgliedern der neuerrichteten Loge in Mainz (1803) den Zutritt gestattet hatte; denn die Worte des der Loge Zur aufgehenden Morgenröte von England gegebenen Stiftungs­briefs: »Indem wir uns mit unterwürfiger Hingebung vor dem grossen Baumeister des Weltalls beugen, fest auf sein Wort vertrauen und den Vorschriften des gött­lichen Gesetzes gehorchen, schliessen wir niemand wegen seiner Religion oder wegen seiner Weise, Gott zu verehren, diese mag auch sein, von welcher Art sie will, von unserm Orden aus», lassen ziemlich sicher darauf schliessen.

Geschichte der Loge Zur aufgehenden Morgenröthe, III. Abschnitt, Kapitel X, Seite 53: Die englische Großloge ihrerseits hielt sich aber zur Einhaltung des § 3 nicht verpflichtet, da nach ihrer Anschauung die Provinzialloge einseitig den Vertrag gebrochen habe, indem sie in Abweichung von den alten Pflichten den sogenannten christlichen Standpunkt im Jahre 1811 in ihrem neuen Rituale festgelegt habe. Wahrscheinlich ist es, dass die englische Grossloge davon unterrichtet worden war, dass die Provinzialloge in Abweichung von den Alten Pflichten den sogenannten christlichen Standpunkt eingenom­men hatte und jüdische Brüder nicht einmal als Besuchende zuliess, wäh­rend man früher (1790) den israelitischen MvSt. der Toleranzloge in Berlin zugelassen, auch zum grössten Teil aus Nichtchristen bestehenden Mitgliedern der neu errichteten Loge in Mainz (1803) den Zutritt gestattet hatte; denn die Worte des der Loge Zur aufgehen­den Morgenröte von England gegebenen Stiftungsbriefs: »Indem wir uns mit unterwürfiger Hingebung vor dem grossen Baumeister des Weltalls beugen, fest auf sein Wort vertrauen und den Vorschriften des göttlichen Gesetzes gehorchen, schliessen wir niemand wegen seiner Religion oder wegen seiner Weise, Gott zu verehren, diese mag auch sein, von welcher Art sie will, von unserm Orden aus«, las­sen ziemlich sicher darauf schliessen.

[8] Internationales Freim. Lexikon von Lennhoff, Posner, Binder unter ‚Juden‘, Seite 443: Der Londoner Repräsentant der Loge, Kaufmann Anton Wolf, sprach in einer Audienz dem Herzog den Dank seiner Frankfurter Brr. aus und berichtete als des Herzogs wörtliche Äuße­rung: »Ich will nicht allein in Frankfurt, sondern in ganz Deutschland Epoche mit dieser Kon­stitution machen, denn ich bemerke, daß man dort mit der Aufklärung zurückgeht, statt Fortschritte zu machen. Ich frage nicht danach, ob diese Konstitution den anderen Logen sehr behagt … Was die Großloge von England, als die erste aller Mutterlogen, anerkennt, dessen brauchen sich andere Logen wahrhaft nicht zu schämen!«

[9] Allgemeines Handbuch (Encyklopädie) der Freimaurerei von Lenning (1900),1.Band: Frankfurt a.M., II. Eklektischer Bund, Seite 302: Nach dieser »Erläuterung« ist »der wesentliche Zweck des Eklektischen Bundes in vollkommener Über­einstimmung mit demjenigen, der in den Alten Pflichten (v.J. 1723) angegeben wurde«. »Der Maurer muss ein Bekenner und Verehrer des alleinigen Gottes sein, weil dieses Religionsbekenntnis das einzige ist, in dem alle Menschen überein­stimmen können. Allein der Maurer soll deswegen in dem Glau­bensbekenntnis nicht beschränkt werden, dem er im kirch­lichen Leben angehört und zugethan ist. Jedem soll vielmehr seine besondere Meinung und Glaubensansicht überlassen bleiben, damit sein Gewissen durch die Teilnahme am Bunde nicht bedrängt werde. Darum hat der Eklektische Bund auch kein religiöses Dogma, kein objektives Religionssystem zu seinem Zweck erkoren und gestattet nicht die Handhabung eines solchen systematischen Strebens in den ihm verbundenen Logen.«

[10] Internationales Freim. Lexikon von Lennhoff, Posner, Binder unter ‚Juden‘, Seite 443: Die G.-L. von Hannover stellte sich auf den Boden der unbedingten Toleranz und hatte deswegen nach 1866 bei der Übernahme in die altpreußischen Groß­logen Schwierigkeiten. Noch vor 1848 wurden J. auch in der Großloge von Sachsen zugelassen, ebenso in der Großloge von Bayreuth. Zu schweren Auseinander­setzun­gen kam es in Frankfurt. 1844 siegte hier das Humanitätsprinzip in seiner reinen Form. In »ausführlichen Erläuterungen« an die Logen wurde vorgeschrieben: „Der Maurer muß Bekenner und Verehrer des alleinigen Gottes sein, weil dieses Religionsbekenntnis das einzige ist, in dem alle Menschen übereinstim­men können. Jedem Maurer soll seine besondere Meinung und Glaubensansicht überlassen blei­ben.“ Zu dieser Sinnes­änderung trug in hervorragender Weise der »Praeceptor Latomorum Germaniae«, Kloß (s. d.) bei, seit 1836 Großmeister des Eklektischen Bundes. Seine Schrift »Über die Unstatthaftigkeit des Versuchs, ein positives Christentum in die Freimau­re­rei hineinzuziehen«, die scharf die Grenze zwischen dem christlichen und dem Humanitätsstandpunkt zog, erregte nach­haltiges Aufsehen. Mehrere der Aufnahme von J. abholde Logen traten aus und gründeten die Großloge »Zur Eintracht« in Darmstadt (1846), die sich dann bis 1870 zum christlichen Prinzip bekannte. 1854 gestattete die Großloge »Royal York«, genannt »Zur Freundschaft«, den Besuch jüdi­scher Brr., 1872 auch deren Aufnahme in die Johannisgrade. Auch die Darmstädter Großloge ließ seit 1873 J. zu. Ein 1899 in der Groß­loge »Royal York« gestellter Antrag auf Wiedereinführung des christlichen Prinzips wurde mit 67 gegen zwei Stimmen abgelehnt. Kaiser Friedrich III., auf den das vielzitierte Wort zurückgeht, »der Judenhaß ist die Schmach des Jahrhunderts«, hatte bereits als Prinz Gele­genheit, in den Konflikt ein­zugreifen. Als er sich 1857 mit der englischen Prinzessin Victoria verlobte, wurde in den englischen Freimau­rerlogen bekannt, daß jüdische Brr. mit Ausweispapieren der englischen Großloge nicht einmal als Besucher zu den meisten preußischen Freimaurerlogen zugelassen würden. Die englische Großloge erhob Widerspruch, drohte mit Abbruch der brüderlichen Beziehungen – vergebens. Als nun Prinz Friedrich Wilhelm bei seinem Brautbesuch in London auch einer Sitzung der Großen Loge von England beiwoh­nen wollte, empfing ihn der Großmeister im Logenhaus mit allen einem Fürsten gebührenden Ehren, bedeutete ihm aber, daß die Teil­nahme an den Sitzungen englischer Logen den preußischen Brr. so lange untersagt bleibe, bis diese die englischen Brr. israelitischen Glaubens als gleichberechtigt aufnehmen wür­den! Der Prinz versprach, er werde nach der Rückkehr in die Heimat für die Aufhebung jenes veralteten Großlogenbe­schlusses wirken.

[11] Allgemeines Handbuch (Encyklopädie) der Freimaurerei von Lenning (1900),1.Band: Frankfurt a.M., II. Eklektischer Bund, Seite 302: … wäre es doch vielleicht besser gewesen, wenn man die Annahme der Loge Carl mit ihrem altschotti­schen Direktorium weniger beeilt hätte, da viele Mitglieder mit Zähigkeit an den Ansichten festhielten, die sie bei Bearbei­tung höherer Grade mit streng christlichen Anschauungen eingesogen hatten, während die Grossloge nun einer freiern, den Alten Pflichten angemessnern Ansicht huldigte, den Besuch von Nicht­christen zuliess und durch ihren Grossmeister die Unstatthaftigkeit des Versuchs darthat, ein positives Christentum in die Logen hineinzu­ziehen. Aus diesen Gegensät­zen entwickelte sich bald ein lebhafter Kampf, der einen ansehnlichen Band von Streitschriften veranlasste und an dem sich auch andre Bundeslogen beteiligten. Er führte schliesslich zu der Entlassung der kaum beigetretnen Loge Carl aus dem Eklektischen Bund (2. Juli 1844), ‑ ein einseitiger Beschluss, dessen Gesetzmässigkeit von einzelnen Logen ange­fochten wurde und der jedenfalls nicht reiflich genug erwogen war. Die Logen in Darmstadt und Mainz reichten nach ein­gelegter Verwahrung gegen diesen Schritt ihre Entlassung ein. Die Hauptursache bei diesen war indessen in ihrer Auffas­sung der Maurerei als einer christlichen Anstalt zu suchen, während die Grossloge eifrig bemüht war, den Eklektischen Bund auf die Grundsätze zurückzuführen, welche die alten engli­schen Konstitutionenbücher von jeher als Bundesprinzip ausgesprochen haben.

[12] Internationales Freimaurer Lexikon, Lennhoff, Posner u. Binder von 2003, „Deutschland“, 5. Der 1.Weltkrieg und seine Fol­gen.

[13] Bereits 1921 hatte der nachmalige Chefideologe der NSDAP, Alfred Rosenberg eine Schrift mit dem Titel: „Das Ver­brechen der Frei­maurerei, Judentum, Jesuitismus, Deutsches Christentum“ verfasst; die 1927 erschienene Schrift General E. von Luden­dorff: „Vernichtung der Freimaurerei durch die Enthüllung ihrer Geheimnisse“, brachte es in kurzer Zeit auf 26 Auflagen.

[14] Festschrift (150 J.) der Loge Sokrates z.St., Seite 13 beschreibt, dass der Wohltätigkeitsanstalt, der Vermächtnis-Caspari-Stiftung und dem Jubiläumsfonds von insgesamt 350.000 Goldmark nach der Inflation noch 50 neue Reichsmark verblieben waren.

[15] Festschrift (150 J.) der Loge „Carl zum aufgehenden Licht“, Seite 56 berichtet von der mit 285 Brr. damals größten Frankfurter Loge, dass sie 1918-22 jähr­lich steigende (bis 20/Jahr) und danach rapide fallende Zahlen an Neuaufnahmen zu verzeichnen hatte; 1928 keine mehr.

[16] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493.

[17] „Die Logen der Freimaurer” von Jürgen Holtorf, Seite 73.

[18] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, Antisemitismus, Seite 82: Immerhin war es im letzten Grund die anti­semi­tische Frage, die 1922 zur Sprengung des Deutschen Großlogenbundes führte.

[19] Festschrift (150 J.) der Loge Sokrates z.St., Seite 13: 1907 unternahm der Grand Orient de France erste Annäherungsver­suche an den deutschen Großlogenbund. 1911 erhielten die deutschen Logen eine Einladung zum IV. internationalen Kongress nach Paris und im August 1914 sollte in Frankfurt a.M. der VII. internationalen Kongress tagen. Da brach am 2. August 1914 der Krieg aus und zerriß die geknüpften Verbindungen.

[20] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493: 1918 – Die Großloge verliert durch den nationalisti­schen Stimmungsumschwung in einzelnen Logen einige ihrer Bundeslogen, konnte ihren Stand aber wieder halten.

[21] Von Br. Georg Bender (genannt ‚Schmet­ter­­schorsch‘) wurde gesagt: „Er war ein kerndeutscher aufrechter Mann und gab der Loge zur Einigkeit das Gepräge der Nachkriegszeit“. „Ein Mann von echt deutscher Art, der sein Volk und Vaterland über alles liebte“. „Mit einem kräftigen und lebens­­vollem ‚Heil und Sieg‘ begrüßte er stets und ermunternd die Brüder“. „Ich höre noch immer die Worte unseres lieben Br. Ben­der in mei­nem Herzen klingen, die er sprach zu jüdischen Mitgliedern der Frei­maurerei: ‚Wenn ihr rechte Freimaurer sein wollt, dann seid ihr auch Chri­sten, nicht mehr Juden, denn Freimaurerei ist Christentum‘.“

[22] Internationales Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Deutscher Großlogenbund, Seite 347.

[23] Das Internationale Freimaurer Lexikon von Lennhoff/Posner, unter Frankfurt am Main, Seite 493. schildert sehr detail­liert, dass am 27. Feb. 1927 in Frankfurt die erste offizielle Aussprache zwischen dtsch. und franz. Freimaurern nach dem Kriege stattfand, um die Frage der von den Franzosen gewünschten Aussöhnung gemeinsam zu erörtern. Von französi­scher Seite nahmen 3 Vertreter der franz. Groß­logen und von deutscher Seite GM Ries, die Zug.GM Becker und Dr. Rosenmeyer (Jude) teil. Die Unterhandlungen wurden von deutscher Seite hauptsächlich auf jene Probleme zugeschnit­ten, die damals eine wirkliche Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich besonders schwierig machten (Kriegsschuldfrage, Rhein-Ruhr-Besetzung). Im übri­gen blieb die Besprechung ergebnislos.

[24] Deutsches Freimaurer-Lexikon von Reinhold Dorsch: UFL, Universelle Freimaurer-Liga, in Esperanto: Universale Fra­ma­­sona Ligo. Auf dem ersten internationalen Esperantisten-Kongress 1905 in Boulogne wurde die UFL von Freimaurern gegründet, die Esperanto spra­chen. Anläßlich des Kongresses in Bern 1913 wurde der Vereinszweck erweitert. Das Hauptziel sollte nicht mehr die Verbreitung des Esperanto, sondern die Vereinigung von Freimaurern aller Riten sein. … Die Ziele der UFL nach Frieden und Humanität und nach welt­weitem geistigem Gedankenaustausch sind zu begrüßen…. Der erste Weltkrieg unterbrach die Arbeit. 1920 fand in Haag die erste Nach­kriegsveranstaltung der Liga statt. Durch den Nationalismus und den 2. Weltkrieg wurde die Arbeit der Liga wieder behindert und unter­brochen. 1946 trafen sich erst­mals Brüder zu einem Kongreß in Basel und beschlossen den Wiederaufbau der Landesgruppen…

[25] Festschrift (150 J.) der Loge „Carl zum aufgehenden Licht“, Seite 56: Als am 28. Juli 1924 eine private Zusammenkunft einiger deutscher Brüder mit französi­schen und schweizerischen Logen­mit­glie­dern stattfand, um die Streitfragen der Völkerversöhnung zu erörtern, machte man dem „Eklektischen Bund“ Würdelosigkeit und verbotene politische Betätigung zum Vorwurf. Die Gegner der Freimaurerei aber sprachen schon von Vaterlandsverrat und Hinneigung zum internationalen Judentum, was nur allzu willige Ohren fand in der breiten Öffentlichkeit, die das Wort von der „Weltbruder­kette“, von dem sie gehört hatte, völlig falsch auslegte.

[26] Karl Demeter in „Die Frankfurter Loge Zur Einigkeit“, Seite 129: Entscheidend wurden die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der deutschen Logen und auch innerhalb der Loge zur Einigkeit über die Frage, ob sie die durch den Krieg abgebrochenen Beziehun­gen namentlich zu England, zur englischen Großloge (UGLvE), der Mut­ter der ganzen modernen Freimaurerei, nun wieder anknüpfen sollten. Die Großloge des Eklektischen Bundes hatte sich, wie schon 1927 gegenüber Frankreich, zu diesem versöhnlichen Schritt nun auch gegenüber England durchgerungen. Aber viele Einigkeitsbrüder verurteilten das und stellten sogar den Antrag, die Einigkeit sollte aus dem Eklektischen Bund austreten. Die Abstimmung darüber am 6. Juli 1932 ergab von 91 Anwesenden 37 Stimmen gegen den Austritt und 51 dafür. Das war die ein­fache Mehrheit dafür, aber nicht die formal erforderliche Zwei­drittel-Mehrheit für einen solchen Beschluss.

[27] Denk­schrift der Loge „Zur Einigkeit“ von 1933, Seite 4ff: Die Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen mit der UGLvE wurde in der folgenden Vier­tel­jah­res­versammlung der Großloge bestätigt, aber nur, da durch einen aus der Ver­sammlung heraus gestellten Antrag die Abstimmung nicht nach Logen, sondern durch die anwesenden Mitglieder der Groß­loge vor­ge­nommen wurde.

[28] Begründung zum Antrag auf Austritt der Loge „Zur Einigkeit“ aus dem Eklektischen Bund in 10 Fragen und 10 Ant­worten, Zitat aus Antwort 7: „denn uns stand das Vater­land immer über der Menschheit, weil wir ge­bo­ren sind‚ deutsch zu de­nken, zu fühlen und zu wollen.“

[29] Internationales Freimaurer Lexikon, Lennhoff, Posner u. Binder von 2003, „Deutschland“, 6. Nationalsozialismus, Seite 223: Die durch­aus im völkischen Milieu verankerten deutschen Maurer suchten vorerst Anpassungsstrategien zu ent­wickeln. Die Große National-Mut­terloge „Zu den drei Weltkugeln“ nannte sich nach 1933 Nationaler Christlicher Orden (Friedrich der Große), die Große Loge von Preußen wurde zum Deutschchristlichen Orden Zur Freundschaft, die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland wurde zum Deutschchristlichen Orden, die Große Landesloge von Sachsen nannte sich nun Deutsch­christ­licher Orden von Sachsen, die Großloge Deutsche Bruderkette empfahl sich als Christlicher Orden deutscher Dom, die Große Loge von Hamburg mutierte zum Deutschen Orden Hamburg, während sich die Bayreuther Großloge „Zur Sonne“ auflöste und sich in eine Gesellschaft zur Pflege deutscher Kultur wan­delte. Außensei­terpositionen der deutschen Freimaurerei, wie sie etwa die humanitären Großlogen vertraten (s. Müffelmann, Ludwig), blieben diese Anpassungstendenzen erspart, indem sie sich 1933 auflösten.

[30] Woher Wohin, Verlag GL A.F.u.A.M.v.D. Berlin 2002, Seite 26: Ein neuer Anlauf zu einer Einigung der Freimaurerei in Deutschland wurde im Mai 1947 versucht. Die Brüder August Hirscher, Stuttgart, August Pauls, Frankfurt, und Karl Manecke, Hamm, luden nach vorbe­reitenden Gesprächen Vertreter aller früheren Systeme – mit Ausnahme der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland – zu einer Zusammenkunft nach Frankfurt ein.

Am 14. und 15. Juni 1947 trafen sich unter dem Vorsitz von Br. Pauls in Frankfurt am Main 23 Mitglieder früherer Großlo­gen aller Lehrar­ten, mit Ausnahme der Großen Landesloge. Die Loge „Lessing“ organisierte die Tagung, und Br. Georg Geier stellte seine Geschäfts­räume für die Beratungen zur Verfügung. Wegen des herrschenden Mangels an Hotelzim­mern wurden alle Teilnehmer bei Frankfurter Brüdern untergebracht.

[31] Woher Wohin, Verlag GL A.F.u.A.M.v.D. Berlin 2002, Seite 29: Theodor Vogel schreibt in seinen persönlichen Aufzeich­nungen ‚Abriß der Geschichte der deutschen Freimaurerei bis 1948‘: „Die Frankfurter Arbeitsgemeinschaft war keine freimaurerische Obödienz und wollte es auch nicht sein. Sie wollte nur dienen und keinen Weg verschütten, der zur Einigung und zur Einheit führen könnte. Ihr fiel in der Geschichte der Freimaurerei Deutschlands die Aufgabe zu, die Vor­bereitung des Aufbaus der auf Landesbasis beschränkten Arbeits­gemeinschaften und Großlogen zu treffen.“

[32] Woher Wohin, Verlag GL A.F.u.A.M.v.D. Berlin 2002, Seite 32: Der Jahrestag des Zusammentretens der ersten Deutschen Nationalver­sammlung sollte am 18. Juni 1948 in der Paulskirche gefeiert werden. Die Frankfurter Arbeitsge­meinschaft von Freimaurerlo­gen führte am Vorabend im großen Saal des Ärztehauses eine festliche Tempelarbeit durch, zu der 300 Brüder aus allen Landesteilen sich versammelten. Die Brr. Pauls, Geier und Selter hatten vorgeschlagen, die zu erwartende Hochstimmung zur Ausrufung der geeinten Großloge zu nutzen, um auch die letzten noch zögernden Logen mitzureißen. Der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft gehörten damals schon 125 Logen an. Diese Absicht scheiterte am Widerstand Br. Theodor Vogels, der erklärte, die 31 bayerischen Logen würden sich nicht beteiligen. Er rief vielmehr am 19. Juni 1948 den „Deutschen Großmeisterverein“ unter seiner Führung ins Leben und versammelte im Oktober 1948 im Kur­heim Elisabeth in der Kurhauser Str. 33 zu Bad Kissingen die Vertreter der früheren deutschen Großlogen. Nach einer von Emotionen getragenen mehrstündigen Diskussion wurde die Gründung einer „Vereinigten Großloge der Freimaurer von Deutschland“ beschlossen und Br. Vogel einstimmig zum künftigen Großmeister vorgeschlagen.