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Einstieg in die Freimaurerei

von Br. Eugen Jefremow
Zeichnung (TA I°) vom 14. Januar 2025

Wenn man sich der Freimaurerei nähern will, sieht man sich erst einmal einem Trümmerfeld von Vorurteilen, Halbwahrheiten, Verfälschungen, bewussten Irreführungen, Wahrheitssplittern und echter Mystik gegenüber. Es dauert einige Zeit, bis man durch dieses Gestrüpp die Freimaurerei selbst erreicht. Und wenn man dort ist und beginnt, zu forschen und zu suchen, findet man so viele Türen, dass einem das Gefühl beschleicht, ein Menschenleben reicht nicht aus, sie alle zu öffnen. Doch es gibt einen Trost. So etwas wie die Lehre der Freimaurer gibt es nicht. Jeder muss hier seinen eigenen, ganz persönlichen Weg finden. Das heißt nicht, dass der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet ist. Wenn man sich einmal die Grundzüge erarbeitet hat, wird einem vielmehr die Entscheidung abverlangt, welche Schwerpunkte man für sich selbst setzen will. Es ist wie in anderen Wissensgebieten auch, ob Physik, Literatur oder Philosophie, nach einer gewissen Zeit entdeckt man seine Vorlieben und Stärken. Aus diesem Grund sind auch meine Ausführungen natürlicherweise individuell. Individuell im Sinne von, aufgebaut nach meiner persönlicher Auffasung.

In der Könniglichen Kunst geht es um das, was die Welt im Innersten zusammenhält, und um die Frage: Wer oder was ist Gott? Möchte man den Weg des Freimaurers einschlagen, so wird der Glaube an eine schöpferische Gottheit vorausgesetzt – anders funktioniert, gelingt es nicht.

Wohlgemerkt muss diese Gottheit keine bestimmte sein, es kann sich dabei auch um ein übergeordnetes Sein handeln, eine Energie, ein Licht, eine transzendente Gottheit oder das Universum handeln. Notwendig ist jedoch, dass man kein Atheist ist oder entsprechende Vorstellungen hegt.

Die Königliche Kunst ist uralt, trägt ein unglaubliches Wissen durch die Zeitalter – von Generation zu Generation – und stellt dieses in Ritualen dar. Jener Bruder, der das Ritual versteht, dessen eingeschloßenes Geheimnis erkennt, ist der Glückliche. Nicht jedem muss bzw. kann das gelingen, doch jeder gewinnt; auch dann, wenn es einzig darum geht, sich selbst zu veredeln oder die eigene Erkenntnis zu mehren. All dies geschieht stets nach dem Maß des individuellen Fassungsvermögens, der persönlichen Befähigung. Was die Maurerei wirklich darstellt, in ihrem Innersten, ist beinahe unglaublich.

 „Was suchen Sie?“, lautet eine der Fragen, die dem Suchenden auf seinem Pfad als Freimaurer gestellt werden. Er antwortet: „Licht und Wahrheit“, die Wahtheit wird ihm gezeigt, woraufhin er zurückschreckt, plötzlich nichts mehr davon wissen will. Es ist ähnlich wie im Film Matrix… Die Erwachten wollen nach Zion, doch jene, die es vorziehen weiterzuschlafen, gehen zurück in die Matrix. Das ist jetzt nicht ganz einfach, und dementsprechend ist auch der Toleranzgedanke innerhalb der Königlichen Kunst entstanden. Ja, wenn ein Suchender Freimaurer werden will, muss er fähig sein, Toleranz zu üben, muss er sozialverträglich sein und andere Meinungen akzeptieren können.

Das hört sich ja erst einmal ganz nett an. Gemeint ist mit diesem Toleranzgedanken jedoch etwas völlig anderes. Denn Toleranz muss der Suchende gegenüber jenen Dingen üben, welche die Bruderschaft ihm auf seinem Weg zu erkennen gibt, gegenüber jenen Dingen, die er zunächst vielleicht nicht wahrhaben will. Auf diese Weise muss man besagten Gedanken verstehen und jenen Erkenntnissen gegenüber offen sowie aufnahmefähig sein, die das eigene Weltbild ins Wanken bringen können. Sodann gewinnt man eine völlig andere Vorstellung von Gewohntem und eine neue Sicht auf persönliche Erfahrungen, auf liebgewonnene Dinge und Sachverhalte, die man zuvor nie hinterfragt hat.

Die höchste Weisheit beruht nicht auf dem Verstand allein, nicht auf den weltlichen Wissenschaften, wie Physik, Geschichte, Chemie usw., in welche das Verstandeswissen zerfällt. Die höchste Weisheit ist eine einheitliche. Die höchste Weisheit umfaßt nur eine Wissenschaft, die Wissenschaft des Alls, diejenige Wissenschaft, die den ganzen Weltenbau erklärt und den Platz, den darin der Mensch einnimmt. Um diese Wissenschaft in sich aufzunehmen, ist es notwendig, seinen inneren Menschen zu reinigen und zu erneuern, und darum muss man, ehe man zu wissen versucht, vorher glauben und sich vervollkommnen. Und damit wir diese Ziele erreichen können, ist in unsere Seele ein göttliches Licht gelegt, welches wir mit Hilfe der Freimaurerei erkennen sollen.

Betrachte mit dem Auge des Geistes deinen inneren Menschen und frage dich selbst, ob du mit dir zufrieden bist. Was habe ich dadurch erreicht, dass ich mich durch den Verstand allein führen ließ? Von wo komme ich und wohin gehe Ich? Und schlußendlich, wer bin ich? Das sind die Fragen, die wir uns selbst immer wieder vor das innere Auge führen sollten.

So wie die Finsternis der Nacht verschwindet, wenn die Sonne aufgeht, wird auch die Finsternis der Unwissenheit und Verblendung aufgelöst, wenn du zur Erkenntnis deines wahren Selbst gelangst.